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Rezension „Im Auge lacht der Augenblick“

Im Auge lacht der Augenblick

Rezension von Anselm Allergold, Redakteur Würzburger Katholisches Sonntagsblatt zu

Amadé Esperers originellem Band mit Kürzestgeschichten

 

Was kann schon in kurzen Kurzgeschichten viel stehen?“, könnte man sich fragen. Hält man dann aber das neue Buch „Im Auge lacht der Augenblick “ des Würzburger Autors Amadé Esperer in der Hand und beginnt darin zu lesen, wird einem schnell klar: Auf jeden Fall genug, dass das lesende Auge zu lachen beginnt, wenn einen da das Leben in seiner vielfältigen Verschrobenheit anzulächeln beginnt.

„Im Auge lacht der Augenblick“ ist denn auch ein über- aus gelungener, ein treffender Titel für diese aufregende Sammlung von wundervollen, kurzweiligen, manchmal tief berührenden und durchaus auch anspruchsvollen kurzen Geschichten. Von der Liebesromanze bis zur Lebensbeichte, von Kurzbekanntschaften bis zu ungewöhnlichen Back-Stage-Besuchen, stets gelingt es dem international bekannten Autor, uns auf sprachlich höchstem Niveau zu verführen, mit ihm in eine von magischem Realismus durchwehte Welt vorzudringen und die geheime Erotik der Schöpfung zu belauschen.

Die kurzen Kurzgeschichten sind von einer solchen poetischen Wucht, dass einem beim Lesen vor Vergnügen der Atem tiefer und der Puls schneller geht. Plötzlich bietet sich ein ungeahnter Blick auf Welt und Mensch: „Jede Tatsache siehst du zum Schweben gebracht“, heißt es in einer der Geschichten. Und das ist der rote Faden dieses Flash Fiction-Bandes. Denn jede Geschichte, und sei sie noch so kurz, hat ihr geheimes Leben, ihr Unerwartetes, Unberechenbares, das uns in einen Sog hineinzieht, den wir nicht für möglich gehalten hätten. Das fängt schon mit den Titeln an: „Der Umkleidewunsch der Schöpfung“, „Gottwisser-Bug“, „Tress und der Club der Rundovalen“ oder „Dame mit Restherz“. Wer würde da nicht neugierig!

Das Bezaubernde an den Geschichten ist nicht nur ihr Stil, sind nicht nur die ungewöhnlichen, wortgewaltigen Bilder, die witzigen Wortschöpfungen, sondern die immer wieder überraschenden Einblicke in die ironische Fülle und Schönheit der unterschiedlichsten Lebensumstände, die sie gewähren.

Diese raffiniert ziselierten Prosaminiaturen schicken uns mit ihren funkelnden Sprachjuwelen auf die ungewöhnlichsten Entdeckungsreisen. So erfahren wir etwa, dass sich eine gewisse Dame gerne in erotisch füllige Gewänder kleidet, um ihre Kate-Winslet-Proportionen noch raffinierter zur Geltung zu bringen; so werden wir Zeuge einer Geheimsitzung des Clubs der Rundovalen, die sich von Tress ein neues Image erhoffen; so begleiten wir einen an Sinnestäuschungen Leidenden zum Weltheilungsarzt. Und so weiter und so fort. Der Verblüffung sind keine Grenzen gesetzt.

Nicht zuletzt die kostbaren Wortschöpfungen und Satzgebilde, von denen es nur so wimmelt, machen diesen Band zu einem unvergleichlichen Leseerlebnis, Wortgebilde wie „schattenverdorbene Haut“, „glossolalische Gedankenklumpen“, oder „digitaler Pixelschnee“ und Sätze wie „Seine Tugend bestand in einem einzigen Laster: Immer der zu sein, von dem er annehmen konnte, dass die anderen dachten: Das ist typisch Paul.“ Das ist einfach umwerfend! Ein geniales Buch. Anselm Allergold

Amadé Espere: Im Auge lacht der Augenblick. Bamberg: Erich Weiß Verlag 2020.       114 Seiten. 12 Euro. ISBN: 978-3- 940821-80-5